Samstag, 21. März 2009

FILM // GOMORRHA

http://www.stylemag-online.net/2009/03/21/gomorrha-–-reise-in-das-reich-der-camorra/






























Blaues UV-Licht in einer dunklen Kammer, eine begehbare Sonnenbank, eine männliche Silhouette, 'Ciao, wie geht’s?' Bang, bang, bang und noch ein Schuss, nach zwei Minuten sind vier Personen tot. Wir befinden uns mitten im schonungslosen Kampf der Banden in der Provinz von Neapel und Caserta. 'Gomorrha – Reise in das Reich der Camorra' basiert auf dem Aufsehen erregenden Weltbestsellers des italienischen Autors Roberto Saviano. Scheinbar viel zu authentisch geriet ihm dieses teilweise fiktionale, teilweise dokumentarische Portrait des süditalienschen Krebsgeschwürs, sodass er seitdem unter Personenschutz steht und sein Aufenthaltsort geheim gehalten wird. Regisseur Matteo Garrone traute sich dennoch an diesen brisanten Stoff. Er verwendete fünf scheinbar lose miteinander verknüpfte Episoden der Vorlage und drehte an Originalschauplätzen, teilweise mit original mafiösen Darstellern – wie sich herausstellen sollte.
Garrone skizziert einen beklemmenden, bedrückenden und trostlosen Moloch aus Korruption, Armut und Gewalt in einer abrissreifen Vorortsiedlung Neapels. Während sich der dreizehnjährige Totó (Salvatore Abruzzese), angezogen von den geheimnisvollen Machenschaften, bereits für Botengänge anbietet und langsam in den Bann der Korruption gerät, stecken die zwei pubertierenden Jungs Marco (Marco Macor) und Ciro (Ciro Petrone) schon mittendrin. Nachdem sie ein paar Kolumbianer um einen Sack voll Kokain erleichtert haben, werden sie übermütig. Sie beobachten einen Waffendeal und entwenden ein paar Exemplare um völlig größenwahnsinnig herumzuballern und schließlich eine Spielothek zu überfallen. Auf die Warnung der Bosse reagieren sie mit Spott.
Auch Don Ciro (Gianfelice Imparato), der sozusagen 'Mafiarenten' verteilt und damit den undankbarsten Job hat, wird bedroht und entgeht nur knapp einem Kugelhagel. Er will aussteigen, hat aber keine Chance: 'Krieg ist nichts für mich.' 'Aber Sie stecken mitten drin. Zahlen Sie was für Ihr Leben, Don Ciro.' Einzig Roberto (Carmine Paternoster), der Gehilfe des Müllentsorgungsunternehmers Franco (Toni Servillo) hat den Mut auszusteigen, nachdem er mit ansehen muss, wie Franco tonnenweise Giftmüll in Gruben kippt und die LKWs von Kindern fahren lässt.
Dieser Film macht keine gute Laune. Keine schönen Landschaftsbilder Italiens, keine dicken Zigarren und keine rauschenden Partys. 'Gomorrha' hat mit dem Glanz und Glamour der Scorsese- oder Francis Ford Coppola-Filme, 'Der Pate' oder 'Good Fellas' nichts zu tun. Gedanken, ob das Leben als Mafioso gar nicht so übel sei, kommen nicht auf. Nein, da möchte man nicht hin. Stattdessen zeigt Garrone die real existierenden Missstände auf und wirft einen fast dokumentarischen Blick auf das organisierte Verbrechen in Süditalien – ohne jeglichen Funken Romantik. Die Angst schwingt in jeder noch so kleinen Szene subtil mit. Springt bloß ein Handtrockner auf der Herrentoilette an, zuckt man unwillkürlich zusammen. Am Ende stapeln sich Leichen- und Müllberge. Die zwei durchgedrehten Teenager bekommen ihre Quittung: 'Die Jungs dürfen sich hier nicht wie der Boss aufspielen, der Boss bin ich. Die Jungs müssen sterben.' Ihre blutverklebten Körper werden in der Zusammenführung zweier Episoden mit einem Müllbagger abtransportiert.
Die Authentizität auch der filmischen Darstellung bewies sich nicht zuletzt in diesem Jahr, als auch der dritte Laienschauspieler der Truppe, Giovanni Venosa festgenommen wurde, weil er während seines Hafturlaubs (er saß bereits wegen Drogenhandels) Geschäftsleute bedroht und Schutzgeld erpresst hatte.
Der mehrfach nominierte und ausgezeichnete Film 'Gomorrha – Reise in das Reich der Camorra' ist ab sofort in einer Sonderedition als DVD & Buch Edition (2 DVDs + Buch) und als Einzel-DVD im Handel.
www.gomorrha-derfilm.de

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